Des Jungborners Arbeit an seiner Seele

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Ein Beitrag von A. Hammer aus 1921.

Anvergeßliche Stunden werden für alle, die sie erlebt haben, die Tage der Führerwoche sein, welche Prof. Dr. Klug nach der 2. deutschen Quickborntagung hielt. Anregungen wollte er geben, und jeder mußte auf diesen Anregungen weiterbauen, in stiller Stunde darüber nachdenken und die Folgerungen für sein Leben ziehen.

Am wichtigsten dürfte für uns der 2. und 3. Tag sein. Am 1. wurde behandelt: „Wie finde ich meinen Weg zu Gott, und wie führe ich meine Brüder und Schwestern Gott zu?“ Vor allem durch mein hinreißendes Beispiel.

Der 2. Tag brachte eine einschneidendere Frage: „Wie finde ich den Weg zum 1 Tiefsten und Innersten der eigenen Seele?“ Dazu ist unbarmherzige Wahrhaftigkeit notwendig. — Es ist eigenartig, daß Menschen in dem Augenblick, wo sie vor anderen Eindruck erwecken wollen, den hohen Zylinder aufsetzen; der Soldat von ehedem trug bei festlichen Gelegenheiten einen Helmbusch; Frauen und Mädchen der heutigen Welt lieben hohe Absätze an ihren Schuhen. All diese Dinge dienen dazu, das eigene Wesen zu überhöhen. Der Mensch möchte mehr scheinen, als er ist. Das ist der erste Weg, sich den Zugang zu seiner Seele zu versperren. — Die Menschen der Gegenwart sind in vielen Fällen verlogen, ohne daß sie es wissen. Verlogen ist unsere Anrede, sind viele unserer Sitten und Trachten. Eine Unmenge von Masken, die wir tragen, läßt uns der Seele nicht nahe kommen. Die erste Frage, die wir uns stellen müssen. heißt: Welche Maske habe ich bis jetzt aufgesetzt? Man muß den Mut haben, sich zu gestehen: ich will nicht anders scheinen, als was ich innerlich wirklich bin. Quickbornart (natürlich auch Jungbornart) kann es nicht ertragen, daß wir unserer Persönlichkeit allerlei Klimbim anhängen, wenn wir nach außen wirken und Eindruck machen wollen. Wie weit verstelle ich mich, ganz unbewußt, müssen wir uns fragen, wie weit gebe ich mich ganz anders, als ich wirklich bin? Dann gehen wir einen Schritt weiter. Wenn ich die Maske herunternehme, wenn ich ganz rücksichtslos offen gegen mich bin, ganz unbarmherzig wahr wie vor Gott im Gericht, muß ich mir sagen: in dem und dem Punkt bist du schlecht, suchst etwas zu verdecken, willst es dir nicht eingestehen. Das ist die Bruchstelle, die jeder Mensch in seiner Seele trägt. Es gilt also zu finden:

2. Welches ist die Bruchstelle meiner Seele, die Stelle, an der ich zerbrechen würde, wenn eine schwere Versuchung über mich käme? „Kann ich noch lügen?“ (Nicht: lüge ich?) „Kann ich noch stehlen?“ usw. Müßte ich ja sagen, dann ist hier eine Bruchstelle meines Charakters.

Diesem Erkennen der Bruchstelle stehen auch Hindernisse entgegen: Wir gestehen uns sehr ungern ein, daß wir Bruchstellen haben, sind geneigt, uns zu täuschen, uns etwas vorzureden; denn wir sind groß geworden in einer Welt der Unwahrhaftigkeit. Ein weiteres Hindernis ist die falsche Art unserer Gewissenserforschung. Wenn wir unser Gewissen erforschen, sollte die erste Frage lauten: „Habe ich mich bemüht, in mir einen ganz bestimmten sittlichen Charakter auszuprägen, habe ich die stärkste Seite, das Feinste und Beste, das ich habe, zur Vollendung zu treiben gesucht?“ Es hat jeder Mensch eine starke Seite; diese zu erkennen, ist die 3. Bedingung auf dem Wege zum Innersten der Seele. Die starke Seite ist bei dem einzelnen verschieden, beim einen ist es die Hilfsbereitschaft, der Drang, überall zu helfen, wo man kann, beim andern die Tatkraft, die keine Hindernisse für unüberwindlich hält, beim dritten wieder etwas anderes.

Wenn es mir klar geworden ist, was ich kann, welches meine stärkste Seite ist, muß ich sie zur Vollendung bringen, mag es kosten, was es will. Das ist der Weg zur Heiligkeit. - Man wirft uns Katholiken oft Feigheit vor. Der Grund, daß man uns diesen Vorwurf machen kann, liegt darin, daß viele das Gute erkennen, aber zu träge sind, es in die Höhe zu bringen, so daß sie dann für ein Ideal sterben könnten. — Jeder muß sich sein Lebensziel suchen, seine starke Seite herausbringen und sich dafür einsetzen bis zum letzten Hauch seiner Kraft.

Haben wir unsere Bruchstelle und unsere starke Seite gefunden, dann gilt es, letztere zu steigern und erstere zu überhärten durch ununterbrochene Selbsterziehung. Das ist das tiefste Wesen unserer Bewegung: Selbsterziehung, Gemeinschaftserziehung in der Gruppe. Tag für Tag müssen wir unablässig arbeiten an der Überwindung der Bruchstellen durch Selbstüberwindung und Kampf. Bei diesem Ringen und Kämpfen wird es auch Niederlagen, Rückfälle geben; denn Fallen ist menschlich; aber nicht verzagen und mutlos werden, gleich wieder auf stehen und weiterkämpfen! Liegen bleiben ist unmenschlich. Wir stehen nicht allein im Kampf. Wir unterstützen einander. In der Gruppe finden wir uns zusammen, machen uns in liebevoller Weise aufmerksam und helfen einander. Denn unsere Erziehung ist Gemeinschaftserziehung.

Wir müssen aber auch wissen, daß wir ein Bund sind, daß sich eines auf das andere verlassen können muß. Das Mittel, dieses Bündnis hervorzurufen, ist die Eucharistie. Damit ist die eigentliche Vertiefung gegeben. Wenn wir den Heiland in unser Herz eingeführt haben, sind wir alle Blutsverwandte. Das ist das schönste Lebensideal: Christus in sich aufnehmen in der Eucharistie und dann nicht glauben, daß mit der Danksagung diese heilige Feier zu Ende sei, sondern dann den ganzen Tag hindurch Christus sein. Jeder muß so sein, daß aus seinen Augen und Worten und Taten und seinem ganzen Wesen die Art Christi herausleuchtet. Immer muß man sich fragen: wie kann ich an meinen Mitmenschen Christusart pflegen? Das ist Gruppen ideal, daß eines dem andern diese Christusart vorlebt. Der Mädchen Art muß so sein, daß die Jungen bei ihrem Anblick zur Reinheit und zum Beten gezwungen werden, und die Jungen betrachten sich als der Mädchen Schutzengel.

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