Friaul: Unterschied zwischen den Versionen

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In der „festen Klause" (Chiusaforte) zahlte man un­gern die Maut, verkaufte vielleicht einige Waren im Kloster Moggio, das Graf Kazelin um 1090 auf seinem Besitze gründen ließ und fuhr zögernd und ängst­lich weiter gegen Venzone oder Peuscheldorf, ein kleines Städtchen, das die Straße sperrte, nahe der Mündung der Fella in den Tagliamento, gelegen. Auch wer diesen Fluss aufwärts in die Carnia und über den Plöckenpaß nach Kärnten wollte, musste hier durch und hing dabei von der Freundschaft und Feindschaft ihrer Bewohner ab. Besitzer waren um 1200 die Herren von Mels, ein deutsches Geschlecht, das auf den beiden Burgen ober dem Orte, Starhemberq und Schattenberg, hauste. Wie mancher Villacher und Salzburger Kaufmann wurde hier geplündert, ihm und dem machtlosen Patriarchen zum Kummer. Wer heil durchkam, konnte sich in Ospedaletto stärken, denn das Hospital war mehr für müde Reisende als für kranke Bauern bestimmt. Geschirmt wurde es durch die vom Grafen von Tirol erbaute Feste Großen­berg, die freilich schon vor 1222 von Grund aus zerstört wurde. In der freundlichen Stadt Gemona teilte sich die Straße, ein Ast zog südöstlich längs des Bergfußes nach Cividale und den Natisone abwärts nach Aquileja, der andere folgte dem Tagliamento. Gehen wir jenen! Unter der Burg Ravenstein - Ravistagno sagt der Welsche - liegt Artegna, das Graf Bernhard von Mar­burg 1146 dem Patriarchate gab; weiter folgt Pramberg, schon 1107 genannt, seine Herren waren meist Küchen­ meister des Patriarchates, ihre Nachkommen leben noch heut als Grafen von Pramper. Dann geht es an Tarcento vorüber, das der österreichische Edle Otto von Machland 1147 zur Hälfte dem Heimatkloster Waldhausen schenkte. Rechts grüßen von Moränenhügeln der Eiszeit die Schlösser Collalto und Colloredo herunter, Namen, die in unserem Vaterlande Bedeutung hatten und haben. Nicht anders Attimis, die Wiege der Grafen Attems; um 1100 war die Feste in der Hand der bayrischen Moosburger, 1170 kam sie ans Patriarchat und dieses gab sie einem wie es heißt schwäbischen Geschlechte, den Vorfahren der Grafen, als Lehen. Auch das benachbarte Perchtenstein (Partistagno) war einst Eigen der Moosburger. Nahe bei Cividale waren Schärfenberg (Suffumbergo), Ursberg (Guspergo) und Grünberg (Gronumbergo). Wie viele deutsche Namen und deutsche Familien! Sie berichten von jener Zeit, da die Patriarchen aus ihrer Heimat Verwandte und Freunde, freie und unfreie Ritter mitnahmen und ansiedelten, zu ihrem und des Reiches Schutz. Mancher kehrte wieder in die Heimat zurück, mancher blieb und holte sich eine dunkelhaarige Frau und seine Kinder und Enkel wurden Romanen, wenn sie auch am bayrischen Rechte und an deutschen Namen noch lange festhielten.  
 
In der „festen Klause" (Chiusaforte) zahlte man un­gern die Maut, verkaufte vielleicht einige Waren im Kloster Moggio, das Graf Kazelin um 1090 auf seinem Besitze gründen ließ und fuhr zögernd und ängst­lich weiter gegen Venzone oder Peuscheldorf, ein kleines Städtchen, das die Straße sperrte, nahe der Mündung der Fella in den Tagliamento, gelegen. Auch wer diesen Fluss aufwärts in die Carnia und über den Plöckenpaß nach Kärnten wollte, musste hier durch und hing dabei von der Freundschaft und Feindschaft ihrer Bewohner ab. Besitzer waren um 1200 die Herren von Mels, ein deutsches Geschlecht, das auf den beiden Burgen ober dem Orte, Starhemberq und Schattenberg, hauste. Wie mancher Villacher und Salzburger Kaufmann wurde hier geplündert, ihm und dem machtlosen Patriarchen zum Kummer. Wer heil durchkam, konnte sich in Ospedaletto stärken, denn das Hospital war mehr für müde Reisende als für kranke Bauern bestimmt. Geschirmt wurde es durch die vom Grafen von Tirol erbaute Feste Großen­berg, die freilich schon vor 1222 von Grund aus zerstört wurde. In der freundlichen Stadt Gemona teilte sich die Straße, ein Ast zog südöstlich längs des Bergfußes nach Cividale und den Natisone abwärts nach Aquileja, der andere folgte dem Tagliamento. Gehen wir jenen! Unter der Burg Ravenstein - Ravistagno sagt der Welsche - liegt Artegna, das Graf Bernhard von Mar­burg 1146 dem Patriarchate gab; weiter folgt Pramberg, schon 1107 genannt, seine Herren waren meist Küchen­ meister des Patriarchates, ihre Nachkommen leben noch heut als Grafen von Pramper. Dann geht es an Tarcento vorüber, das der österreichische Edle Otto von Machland 1147 zur Hälfte dem Heimatkloster Waldhausen schenkte. Rechts grüßen von Moränenhügeln der Eiszeit die Schlösser Collalto und Colloredo herunter, Namen, die in unserem Vaterlande Bedeutung hatten und haben. Nicht anders Attimis, die Wiege der Grafen Attems; um 1100 war die Feste in der Hand der bayrischen Moosburger, 1170 kam sie ans Patriarchat und dieses gab sie einem wie es heißt schwäbischen Geschlechte, den Vorfahren der Grafen, als Lehen. Auch das benachbarte Perchtenstein (Partistagno) war einst Eigen der Moosburger. Nahe bei Cividale waren Schärfenberg (Suffumbergo), Ursberg (Guspergo) und Grünberg (Gronumbergo). Wie viele deutsche Namen und deutsche Familien! Sie berichten von jener Zeit, da die Patriarchen aus ihrer Heimat Verwandte und Freunde, freie und unfreie Ritter mitnahmen und ansiedelten, zu ihrem und des Reiches Schutz. Mancher kehrte wieder in die Heimat zurück, mancher blieb und holte sich eine dunkelhaarige Frau und seine Kinder und Enkel wurden Romanen, wenn sie auch am bayrischen Rechte und an deutschen Namen noch lange festhielten.  
[[Datei:Spilimbergo.jpg|mini|Spilimbergo, Via d`Indipendenza um 1910.]]
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Als Aquileja verödete, ließen sich die Patriarchen in Cividale nieder. Die Stadt war zur Römerzeit der einzige namhafte Ort im Binnenlande und wurde als die Stadt (civitas) ein Stützpunkt der Langobarden; der langobardische und später der fränkische Markgraf von Friaul hatte hier seinen Sitz, manch einer wurde im Dom be­stattet, wie jener Graf von „Hertig", wohl Hartwig von Friaul (+ nach 980). Cividale oder Sibidat, wie der Deutsche sagte, rühmt sich, Geburtsstätte des Diakons Paulus zu sein, der zur Zeit Karls des Großen seine Geschichte der Langobarden schrieb. Vom Natisone wandern wir nach Westen zur Haupt­stadt der Provinz, nach Udine oder wie der Deutsche des Mittelalters sagte: Weiden. Patriarch Berthold aus dem bayrischen Geschlechte der Andechs-Meranier erwählte sie sie sich im Jahre 1238 zur Residenz und von da an blühte sie auf. Die uralte Kaserne war einst das Schloss des Kirchenfürsten, der zugleich Herzog von Friaul war, und in der Umgebung erhob sich manche Lehensburg. So war in Buttrio, wo das steirische Kloster Oberburg Einkünfte hatte, das starke Haumburg, eine Sperre gegen Görz. Nach der Herrschaft Pozzuolo nannte sich ein Zweig der Kärntner Grafen von Haunburg. Chiasiellis oder Villa Caccia hatte den Namen vielleicht vom früher genannten Grafen Kazelin, den Gründer des Klosters Moggio; als Kazlinsdorf gehörte es 1184 dem Kärntner Kloster St. Paul. Adegliacco nördlich von Udine war als Edlach Besitz der Grafen des steirischen Sanntales, kam 1042 an das Erzstift Salzburg und 1212 an Aqui­leja. Umgekehrt waren die Herren von Villalta (westlich von Udine) um 1180 wohl durch Heirat nach Obersteier­mark und nach Kärnten gekommen. Welch eine Fülle von Beziehungen Friauls zu den östlichen Alpenländern! Man muss bedenken, dass nur ein winziger Bruchteil uns von ihnen überliefert ist, da das Patriarchenarchiv in Cividale und Udine geringe Reste seines alten Reichtums erhalten hat; das meiste ist früh­ zeitig verloren gegangen. - Doch der deutsche Einfluss machte am Tagliamento nicht Halt. Wir überschreiten ihn bei Codrsipo, wo sich Anfangs November die Massen der Italiener stauten und eine so schwere Niederlage erlitten. Die Deutschen nannten den römischen Ort Quadruvium: Kadraub! vielleicht hörten sie es so aus slavischem Munde, denn die Dorfnamen Belgrads, Sclanssicca, Gorizza und Gradisca, Gricizza und Gradiscutta nördlich und südlich von Codroipo verraten Slowenen als einstige Bewohner. Langobardische und später bayrisch-kärntnerische Grund­herren nahmen sie wohl aus den angrenzenden Alpen­ländern her, wenn sie nicht schon mit den Langobarden 568 oder bald nachher in die entvölkerte Ebene einge­wandert waren. Südlich vom Flussübergange treffen wir am rechten Ufer nur einen deutschen Burgnamen: Münchenberg („Mocumbergo") bei St. Veit, das auch eine Slavensiedlung gewesen sein könnte. Nördlich von der Brücke stehen sich ein Richinfeld und ein St. Ulrich (San Odorico) gegenüber. Friedrich, Sohn des Grafen Eppo (Koseform für Eberhard), schenkte Ort und Kapelle sancti Odalrici 1058 an Salzburg, doch der Ort lag dem Patriarchen zu bequem, er nahm ihn 1149 einfach weg. Wir gehen an ein Gradisca vorbei und kommen ins Städtchen Spilimbergo. Wer von allen, die dort wohnen, weiß, dass von den Zinnen seiner Burg einst das weißgrüne Banner wehte und der Markgraf hier als mächtiger Gutsherr gebot? Der letzte Kärntner Herzog aus dem Hause der Eppensteiner hatte Spangenberg (Spengenberg) ihm vererbt(1122), der erste und letzte steierische Herzog aus der Familie der Traungauer vererbte es wieder an die Babenberger (1192) und so kam es schließlich an die Habsburger. Noch heute spricht aus all dem Verfall ein Schimmer der alten Be­deutung, da noch die Kärntner Handelsstraße Leben brachte und ein auswärtiger Fürst um sein Ansehen besorgt war. Dieselben Schicksale wie Spengenberg hatte Ragogna (oder wie das Volk sagt: Rovigne) nördlich davon, doch am linken Ufer des Tagliamento. Die Burg oben auf dem Bergmassiv schützte nicht bloß die Dörfer, sondern auch die Straße, die von Gemona auf die Räuberburg Osoppo und nach Spilimbergo führte. Auch hier verteidigten riesige Mauern den steirischen und österreichischen Namen; wie lange, das soll später erzählt werden. Wir wandern von Ragogna und dem Tagliamento westwärts am Fuße der hier abfallenden Alpen durch Neuhau (Castellnuovo) und Traföß - ich irrte: Travesio - zum ungeheuren Schotterbette der Meduna. Beim Übergange steht das Dörfchen Solimbergo: wer sieht ihm an, dass hier die Burg Schönberg stand? Wohl ein deutscher Vasall Aquilejas hat sie vor 1147 erbaut. Im Winkel zwischen der Meduna und dem Gießbache Cellina liegt Vivaro, im 12. Jahrhunderte Besitz des Kärntner Stiftes St. Paul wie gegenüber Domanins und Rauscedo. Von Vivaro führt die Straße westlich nach St. Foca, ein Gut des Klosters Millstatt, dann südlich längs der Meduna bis zu ihrer Vereinigung mit der Livenza. Wieder gehen wir über altösterreichischen Boden. Das große Dorf Cordenons in der Nähe von Sclavons war auch ein Erbe der Markgrafen von Steyr, sowohl 1122 wie 1191, und die kleinen Weiler Noncello südlich davon hatte um 1020 der Graf Durdegoro des Mürztales, wohl ein Slave: Dieser gab ihn dem Grasen Ozi (Otakar), Stifter des Kärntner Klosters Ossiach, dann kam er an Kaiser Hein­rich III. und der schenkte ihn an Salzburg (1056). Zwischen beiden Orten wird der Noneellobach für flache Kähne schiffbar. Daher legte der Patriarch hier eine Stadt an, die er Hafen von Naone (Pordenone) nannte, baute eine Burg und vertraute sie einigen Lehensleuten an. Aber es kam zu Zwistigkeiten, Herzog Leopold VI. löste den Herren von Caporiaco und Castella ihre Lehensrechte ab und nahm Pordenone selbst vom Patriarchen als Lehen (um 1220). So ward die Stadt österreichisch, nachdem die Herzoge und Markgrafen schon lange vorher ringsum begütert waren. Sie war eine friedliche Insel mitten im stürmischen, kampfdurchtobten Friaul. Wir sind bis zur Livenza gekommen und machen Halt, bildet ja der Fluss die Westgrenze Friauls. Aber zweier Männer muss ich noch gedenken, die für das 13. Jahr­hundert das ritterliche Leben in diesem Lande ahnen lassen. Der eine ist der berühmte steirische Minnesänger Ullrich von Lichtenstein, der im Jahre 1227 als Frau Venus verkleidet von Venedig auszog und überall zu Ehren seiner Schönen ritterliche Zweikämpfe ausfocht. In Treviso tjostete er mit dem Obersteirer Liutsrid von Eppenstein, an der Piave mit Reinprecht von Mureck und Hermann von Plintenbach, einem Steirer und einem Krainer, zu Sacile mit dem Grafen von Görz, in San Odorico mit Ulrich von Spengenberg, in Gemona mit dem Burgherrn, in Chiusaforte mit dem von Lienz und in Törl mit dem Herzog von Kärnten. Bis Treviso saßen also alpenländische Adelige teils als als Besitzer, teils als Burggrafen ihrer Fürsten. Der andere ist der Aquilejer Domherr Thomasin von Zirclaere (Cerchiarchi), der im Jahre 1215 ein höfisches Lehrgedicht, den „Welschen Gast" mit mit fast 15.000 Versen schrieb.  
 
Als Aquileja verödete, ließen sich die Patriarchen in Cividale nieder. Die Stadt war zur Römerzeit der einzige namhafte Ort im Binnenlande und wurde als die Stadt (civitas) ein Stützpunkt der Langobarden; der langobardische und später der fränkische Markgraf von Friaul hatte hier seinen Sitz, manch einer wurde im Dom be­stattet, wie jener Graf von „Hertig", wohl Hartwig von Friaul (+ nach 980). Cividale oder Sibidat, wie der Deutsche sagte, rühmt sich, Geburtsstätte des Diakons Paulus zu sein, der zur Zeit Karls des Großen seine Geschichte der Langobarden schrieb. Vom Natisone wandern wir nach Westen zur Haupt­stadt der Provinz, nach Udine oder wie der Deutsche des Mittelalters sagte: Weiden. Patriarch Berthold aus dem bayrischen Geschlechte der Andechs-Meranier erwählte sie sie sich im Jahre 1238 zur Residenz und von da an blühte sie auf. Die uralte Kaserne war einst das Schloss des Kirchenfürsten, der zugleich Herzog von Friaul war, und in der Umgebung erhob sich manche Lehensburg. So war in Buttrio, wo das steirische Kloster Oberburg Einkünfte hatte, das starke Haumburg, eine Sperre gegen Görz. Nach der Herrschaft Pozzuolo nannte sich ein Zweig der Kärntner Grafen von Haunburg. Chiasiellis oder Villa Caccia hatte den Namen vielleicht vom früher genannten Grafen Kazelin, den Gründer des Klosters Moggio; als Kazlinsdorf gehörte es 1184 dem Kärntner Kloster St. Paul. Adegliacco nördlich von Udine war als Edlach Besitz der Grafen des steirischen Sanntales, kam 1042 an das Erzstift Salzburg und 1212 an Aqui­leja. Umgekehrt waren die Herren von Villalta (westlich von Udine) um 1180 wohl durch Heirat nach Obersteier­mark und nach Kärnten gekommen. Welch eine Fülle von Beziehungen Friauls zu den östlichen Alpenländern! Man muss bedenken, dass nur ein winziger Bruchteil uns von ihnen überliefert ist, da das Patriarchenarchiv in Cividale und Udine geringe Reste seines alten Reichtums erhalten hat; das meiste ist früh­ zeitig verloren gegangen. - Doch der deutsche Einfluss machte am Tagliamento nicht Halt. Wir überschreiten ihn bei Codrsipo, wo sich Anfangs November die Massen der Italiener stauten und eine so schwere Niederlage erlitten. Die Deutschen nannten den römischen Ort Quadruvium: Kadraub! vielleicht hörten sie es so aus slavischem Munde, denn die Dorfnamen Belgrads, Sclanssicca, Gorizza und Gradisca, Gricizza und Gradiscutta nördlich und südlich von Codroipo verraten Slowenen als einstige Bewohner. Langobardische und später bayrisch-kärntnerische Grund­herren nahmen sie wohl aus den angrenzenden Alpen­ländern her, wenn sie nicht schon mit den Langobarden 568 oder bald nachher in die entvölkerte Ebene einge­wandert waren. Südlich vom Flussübergange treffen wir am rechten Ufer nur einen deutschen Burgnamen: Münchenberg („Mocumbergo") bei St. Veit, das auch eine Slavensiedlung gewesen sein könnte. Nördlich von der Brücke stehen sich ein Richinfeld und ein St. Ulrich (San Odorico) gegenüber. Friedrich, Sohn des Grafen Eppo (Koseform für Eberhard), schenkte Ort und Kapelle sancti Odalrici 1058 an Salzburg, doch der Ort lag dem Patriarchen zu bequem, er nahm ihn 1149 einfach weg. Wir gehen an ein Gradisca vorbei und kommen ins Städtchen Spilimbergo. Wer von allen, die dort wohnen, weiß, dass von den Zinnen seiner Burg einst das weißgrüne Banner wehte und der Markgraf hier als mächtiger Gutsherr gebot? Der letzte Kärntner Herzog aus dem Hause der Eppensteiner hatte Spangenberg (Spengenberg) ihm vererbt(1122), der erste und letzte steierische Herzog aus der Familie der Traungauer vererbte es wieder an die Babenberger (1192) und so kam es schließlich an die Habsburger. Noch heute spricht aus all dem Verfall ein Schimmer der alten Be­deutung, da noch die Kärntner Handelsstraße Leben brachte und ein auswärtiger Fürst um sein Ansehen besorgt war. Dieselben Schicksale wie Spengenberg hatte Ragogna (oder wie das Volk sagt: Rovigne) nördlich davon, doch am linken Ufer des Tagliamento. Die Burg oben auf dem Bergmassiv schützte nicht bloß die Dörfer, sondern auch die Straße, die von Gemona auf die Räuberburg Osoppo und nach Spilimbergo führte. Auch hier verteidigten riesige Mauern den steirischen und österreichischen Namen; wie lange, das soll später erzählt werden. Wir wandern von Ragogna und dem Tagliamento westwärts am Fuße der hier abfallenden Alpen durch Neuhau (Castellnuovo) und Traföß - ich irrte: Travesio - zum ungeheuren Schotterbette der Meduna. Beim Übergange steht das Dörfchen Solimbergo: wer sieht ihm an, dass hier die Burg Schönberg stand? Wohl ein deutscher Vasall Aquilejas hat sie vor 1147 erbaut. Im Winkel zwischen der Meduna und dem Gießbache Cellina liegt Vivaro, im 12. Jahrhunderte Besitz des Kärntner Stiftes St. Paul wie gegenüber Domanins und Rauscedo. Von Vivaro führt die Straße westlich nach St. Foca, ein Gut des Klosters Millstatt, dann südlich längs der Meduna bis zu ihrer Vereinigung mit der Livenza. Wieder gehen wir über altösterreichischen Boden. Das große Dorf Cordenons in der Nähe von Sclavons war auch ein Erbe der Markgrafen von Steyr, sowohl 1122 wie 1191, und die kleinen Weiler Noncello südlich davon hatte um 1020 der Graf Durdegoro des Mürztales, wohl ein Slave: Dieser gab ihn dem Grasen Ozi (Otakar), Stifter des Kärntner Klosters Ossiach, dann kam er an Kaiser Hein­rich III. und der schenkte ihn an Salzburg (1056). Zwischen beiden Orten wird der Noneellobach für flache Kähne schiffbar. Daher legte der Patriarch hier eine Stadt an, die er Hafen von Naone (Pordenone) nannte, baute eine Burg und vertraute sie einigen Lehensleuten an. Aber es kam zu Zwistigkeiten, Herzog Leopold VI. löste den Herren von Caporiaco und Castella ihre Lehensrechte ab und nahm Pordenone selbst vom Patriarchen als Lehen (um 1220). So ward die Stadt österreichisch, nachdem die Herzoge und Markgrafen schon lange vorher ringsum begütert waren. Sie war eine friedliche Insel mitten im stürmischen, kampfdurchtobten Friaul. Wir sind bis zur Livenza gekommen und machen Halt, bildet ja der Fluss die Westgrenze Friauls. Aber zweier Männer muss ich noch gedenken, die für das 13. Jahr­hundert das ritterliche Leben in diesem Lande ahnen lassen. Der eine ist der berühmte steirische Minnesänger Ullrich von Lichtenstein, der im Jahre 1227 als Frau Venus verkleidet von Venedig auszog und überall zu Ehren seiner Schönen ritterliche Zweikämpfe ausfocht. In Treviso tjostete er mit dem Obersteirer Liutsrid von Eppenstein, an der Piave mit Reinprecht von Mureck und Hermann von Plintenbach, einem Steirer und einem Krainer, zu Sacile mit dem Grafen von Görz, in San Odorico mit Ulrich von Spengenberg, in Gemona mit dem Burgherrn, in Chiusaforte mit dem von Lienz und in Törl mit dem Herzog von Kärnten. Bis Treviso saßen also alpenländische Adelige teils als als Besitzer, teils als Burggrafen ihrer Fürsten. Der andere ist der Aquilejer Domherr Thomasin von Zirclaere (Cerchiarchi), der im Jahre 1215 ein höfisches Lehrgedicht, den „Welschen Gast" mit mit fast 15.000 Versen schrieb.  
  

Aktuelle Version vom 23. November 2022, 16:16 Uhr

Ein Artikel von Dr. Hans Pirschegger aus 1918.

Der Boden, den die k. u. k. 10. Armee in unerhört raschem Ansturm besetzte und jetzt in zähen Kämpfen verteidigt, ist dem alpenländischen Geschichtsforscher heiliges Land. Die Ortsnamen erinnern ihn zwar nicht an gewaltige Kämpfe, an schicksalsbestimmende Schlachten - das Süd­ufer des Gardasees, die Umgebung Mailands, Pavia und Turin sind die großen Schlachtfelder der lombardischen Ebene - aber die kleinen, jetzt verlassenen Landstädtchen und die zahllosen Dörfer an den Ufer des Tagliamento und der Livenza mahnen ihn an jene vergangenen Tage, da die Habsburger hier zuerst festen Fuß fassten und an die noch ferneren Zeiten, da der deutsche König von den Bergen Kärntens und Tirols in die Ebene herabstieg, um Recht zu sprechen oder widerspenstige Große zu züchtigen. Damals blickten zwischen den Bauernhäusern noch mehr wehrhafte Schlösser hervor als heute, die meisten in der Hand bayrischer oder kärntnerischer Adeligen. Es war einmal - so beginnen die Märchen und wie ein Märchen scheint es uns, dass einst die Ebene von der Etsch angefangen ostwärts zum Herzogtum Bayern gehörte. Der gewaltige Otto I. trennte sie und die istrische Halbinsel 952 vom Königreiche Italien, das er bezwungen hatte; er brauchte ein offenes Tor und ver­lässliche Hüter für den Weg nach dem Süden. Der Drang nach dem Sonnenlande mit seinem blauen Himmel, den lachenden Fluren, dem guten Weine und den schönen Frauen war wieder einmal im Nordländer mächtig geworden und bestimmte die Politik. Hat unsere kluge Zeit ein Recht, sie deswegen zu tadeln und ihr vorzuschreiben: sie hätte sich gegen den Osten wenden sollen, gegen die Slaven an der Elbe, Oder und Weichsel, gegen Ungarn? Wie mächtig Gefühle wirken, das erlebten wir im Oktober, Heer und Hinterland begrüßten mit Jubel den Sturm im Südwesten, den es kaum zu erhoffen wagte. Als 995 von Bayern ein eigenes Herzogtum Kärnten abgetrennt wurde, bekam dieses die oberitalische Ebene, Mark Verona nach ihrem Hauptorte genannte. Unter dem Herzoge von Kärnten standen jetzt die Grafen von Padua, Treviso, Vicenza und der von Friaul oder Aquileja. Die alte Römerstadt - einst die vierte Stadt Ita­liens - war seit den Tagen Attilas ein Fiebernest ge­worden, aber die Patriarchen behielten es doch als kirch­lichen Mittelpunkt. Meist waren es Angehörige deutscher Fürsten- und Hochadelsgeschlechter, die der König als Patriarchen einsetzte oder wählen ließ, die ihm ergeben waren und dafür reiches Krongut bekamen. So erhielt das Patriarchat 1001 die Hälfte des Schlosses Salcano und des Dorfes Görz, sowie Besitzungen von der Wippach und dem Kamm der Alpen an bis zur Livenza; schließ­lich sogar ganz Friaul mit herzoglicher Gewalt, Krain und Istrien (1077). Doch gingen ihm die beiden letzt­genannten Länder wieder verloren, nur zeitweise hatte es hier eine Schattengewalt. Auch in Friaul erging es dem Patriarchen nicht am besten. Schuld war der unruhige Adel, der lieber den Schutzvogt Aquilejas, den Grafen von Görz, als Herren gehabt hätte. Der Hof des Kirchenfürsten ließ es zwar nicht an Glanz fehlen, aber der ritterliche Laienfürst kam ihren Ansprüchen doch mehr entgegen. In diese Kämpfe und Aufstände griffen die Markgrafen und Herzöge von Steyer öfters - sicher schon um 1150 - als Schützer des Patriarchen ein. Sie hatten durch einige Erbschaften Besitz in Friaul erworben, hier ein Landgut, da eine Stadt, dort einen Hafen und empfingen von Aquileja reiche Lehen, südlich der Drau, ja auch das oberste Mund­schenkenamt dieses Kirchenstaates. So waren sie zu dessen Schutze verpflichtet. Sie halfen, aber meist zu ihrem eige­nen Vorteil, namentlich seit die deutschen Könige die Macht über Italien verloren hatten. So betrieben die Erben der Markgrafen von Steyr, nach 1192 die Baben­berger und nach 1282 die Habsburger auf eigene Hand italienische Politik. Sie galt in erster Linie dem Handel, der von der Donau aus durch Obersteier, Kärnten und Friaul ans Meer zog. Er benutzte die uralte „Eisenstraße", die sich von Pontafel an durch die Enge der Fella („Canale del ferro") zwängte, eine einsame, traurige Schlucht und doch die bequemste und kürzeste Verbindung der Ebene mit der Drau. Wie mancher Karren mag, hochbeladen mit norischem Erze, schon 100 Jahre vor Christus durchge­fahren sein, mit dem gleichen Ziele wie der Wiener oder Villacher Lastwagen im 13. Jahrhundert: Aquileja.

Santuario dell’Ancona bei Spilimbergo um 1910.

In der „festen Klause" (Chiusaforte) zahlte man un­gern die Maut, verkaufte vielleicht einige Waren im Kloster Moggio, das Graf Kazelin um 1090 auf seinem Besitze gründen ließ und fuhr zögernd und ängst­lich weiter gegen Venzone oder Peuscheldorf, ein kleines Städtchen, das die Straße sperrte, nahe der Mündung der Fella in den Tagliamento, gelegen. Auch wer diesen Fluss aufwärts in die Carnia und über den Plöckenpaß nach Kärnten wollte, musste hier durch und hing dabei von der Freundschaft und Feindschaft ihrer Bewohner ab. Besitzer waren um 1200 die Herren von Mels, ein deutsches Geschlecht, das auf den beiden Burgen ober dem Orte, Starhemberq und Schattenberg, hauste. Wie mancher Villacher und Salzburger Kaufmann wurde hier geplündert, ihm und dem machtlosen Patriarchen zum Kummer. Wer heil durchkam, konnte sich in Ospedaletto stärken, denn das Hospital war mehr für müde Reisende als für kranke Bauern bestimmt. Geschirmt wurde es durch die vom Grafen von Tirol erbaute Feste Großen­berg, die freilich schon vor 1222 von Grund aus zerstört wurde. In der freundlichen Stadt Gemona teilte sich die Straße, ein Ast zog südöstlich längs des Bergfußes nach Cividale und den Natisone abwärts nach Aquileja, der andere folgte dem Tagliamento. Gehen wir jenen! Unter der Burg Ravenstein - Ravistagno sagt der Welsche - liegt Artegna, das Graf Bernhard von Mar­burg 1146 dem Patriarchate gab; weiter folgt Pramberg, schon 1107 genannt, seine Herren waren meist Küchen­ meister des Patriarchates, ihre Nachkommen leben noch heut als Grafen von Pramper. Dann geht es an Tarcento vorüber, das der österreichische Edle Otto von Machland 1147 zur Hälfte dem Heimatkloster Waldhausen schenkte. Rechts grüßen von Moränenhügeln der Eiszeit die Schlösser Collalto und Colloredo herunter, Namen, die in unserem Vaterlande Bedeutung hatten und haben. Nicht anders Attimis, die Wiege der Grafen Attems; um 1100 war die Feste in der Hand der bayrischen Moosburger, 1170 kam sie ans Patriarchat und dieses gab sie einem wie es heißt schwäbischen Geschlechte, den Vorfahren der Grafen, als Lehen. Auch das benachbarte Perchtenstein (Partistagno) war einst Eigen der Moosburger. Nahe bei Cividale waren Schärfenberg (Suffumbergo), Ursberg (Guspergo) und Grünberg (Gronumbergo). Wie viele deutsche Namen und deutsche Familien! Sie berichten von jener Zeit, da die Patriarchen aus ihrer Heimat Verwandte und Freunde, freie und unfreie Ritter mitnahmen und ansiedelten, zu ihrem und des Reiches Schutz. Mancher kehrte wieder in die Heimat zurück, mancher blieb und holte sich eine dunkelhaarige Frau und seine Kinder und Enkel wurden Romanen, wenn sie auch am bayrischen Rechte und an deutschen Namen noch lange festhielten.

Spilimbergo, Via Indipendenza um 1910.

Als Aquileja verödete, ließen sich die Patriarchen in Cividale nieder. Die Stadt war zur Römerzeit der einzige namhafte Ort im Binnenlande und wurde als die Stadt (civitas) ein Stützpunkt der Langobarden; der langobardische und später der fränkische Markgraf von Friaul hatte hier seinen Sitz, manch einer wurde im Dom be­stattet, wie jener Graf von „Hertig", wohl Hartwig von Friaul (+ nach 980). Cividale oder Sibidat, wie der Deutsche sagte, rühmt sich, Geburtsstätte des Diakons Paulus zu sein, der zur Zeit Karls des Großen seine Geschichte der Langobarden schrieb. Vom Natisone wandern wir nach Westen zur Haupt­stadt der Provinz, nach Udine oder wie der Deutsche des Mittelalters sagte: Weiden. Patriarch Berthold aus dem bayrischen Geschlechte der Andechs-Meranier erwählte sie sie sich im Jahre 1238 zur Residenz und von da an blühte sie auf. Die uralte Kaserne war einst das Schloss des Kirchenfürsten, der zugleich Herzog von Friaul war, und in der Umgebung erhob sich manche Lehensburg. So war in Buttrio, wo das steirische Kloster Oberburg Einkünfte hatte, das starke Haumburg, eine Sperre gegen Görz. Nach der Herrschaft Pozzuolo nannte sich ein Zweig der Kärntner Grafen von Haunburg. Chiasiellis oder Villa Caccia hatte den Namen vielleicht vom früher genannten Grafen Kazelin, den Gründer des Klosters Moggio; als Kazlinsdorf gehörte es 1184 dem Kärntner Kloster St. Paul. Adegliacco nördlich von Udine war als Edlach Besitz der Grafen des steirischen Sanntales, kam 1042 an das Erzstift Salzburg und 1212 an Aqui­leja. Umgekehrt waren die Herren von Villalta (westlich von Udine) um 1180 wohl durch Heirat nach Obersteier­mark und nach Kärnten gekommen. Welch eine Fülle von Beziehungen Friauls zu den östlichen Alpenländern! Man muss bedenken, dass nur ein winziger Bruchteil uns von ihnen überliefert ist, da das Patriarchenarchiv in Cividale und Udine geringe Reste seines alten Reichtums erhalten hat; das meiste ist früh­ zeitig verloren gegangen. - Doch der deutsche Einfluss machte am Tagliamento nicht Halt. Wir überschreiten ihn bei Codrsipo, wo sich Anfangs November die Massen der Italiener stauten und eine so schwere Niederlage erlitten. Die Deutschen nannten den römischen Ort Quadruvium: Kadraub! vielleicht hörten sie es so aus slavischem Munde, denn die Dorfnamen Belgrads, Sclanssicca, Gorizza und Gradisca, Gricizza und Gradiscutta nördlich und südlich von Codroipo verraten Slowenen als einstige Bewohner. Langobardische und später bayrisch-kärntnerische Grund­herren nahmen sie wohl aus den angrenzenden Alpen­ländern her, wenn sie nicht schon mit den Langobarden 568 oder bald nachher in die entvölkerte Ebene einge­wandert waren. Südlich vom Flussübergange treffen wir am rechten Ufer nur einen deutschen Burgnamen: Münchenberg („Mocumbergo") bei St. Veit, das auch eine Slavensiedlung gewesen sein könnte. Nördlich von der Brücke stehen sich ein Richinfeld und ein St. Ulrich (San Odorico) gegenüber. Friedrich, Sohn des Grafen Eppo (Koseform für Eberhard), schenkte Ort und Kapelle sancti Odalrici 1058 an Salzburg, doch der Ort lag dem Patriarchen zu bequem, er nahm ihn 1149 einfach weg. Wir gehen an ein Gradisca vorbei und kommen ins Städtchen Spilimbergo. Wer von allen, die dort wohnen, weiß, dass von den Zinnen seiner Burg einst das weißgrüne Banner wehte und der Markgraf hier als mächtiger Gutsherr gebot? Der letzte Kärntner Herzog aus dem Hause der Eppensteiner hatte Spangenberg (Spengenberg) ihm vererbt(1122), der erste und letzte steierische Herzog aus der Familie der Traungauer vererbte es wieder an die Babenberger (1192) und so kam es schließlich an die Habsburger. Noch heute spricht aus all dem Verfall ein Schimmer der alten Be­deutung, da noch die Kärntner Handelsstraße Leben brachte und ein auswärtiger Fürst um sein Ansehen besorgt war. Dieselben Schicksale wie Spengenberg hatte Ragogna (oder wie das Volk sagt: Rovigne) nördlich davon, doch am linken Ufer des Tagliamento. Die Burg oben auf dem Bergmassiv schützte nicht bloß die Dörfer, sondern auch die Straße, die von Gemona auf die Räuberburg Osoppo und nach Spilimbergo führte. Auch hier verteidigten riesige Mauern den steirischen und österreichischen Namen; wie lange, das soll später erzählt werden. Wir wandern von Ragogna und dem Tagliamento westwärts am Fuße der hier abfallenden Alpen durch Neuhau (Castellnuovo) und Traföß - ich irrte: Travesio - zum ungeheuren Schotterbette der Meduna. Beim Übergange steht das Dörfchen Solimbergo: wer sieht ihm an, dass hier die Burg Schönberg stand? Wohl ein deutscher Vasall Aquilejas hat sie vor 1147 erbaut. Im Winkel zwischen der Meduna und dem Gießbache Cellina liegt Vivaro, im 12. Jahrhunderte Besitz des Kärntner Stiftes St. Paul wie gegenüber Domanins und Rauscedo. Von Vivaro führt die Straße westlich nach St. Foca, ein Gut des Klosters Millstatt, dann südlich längs der Meduna bis zu ihrer Vereinigung mit der Livenza. Wieder gehen wir über altösterreichischen Boden. Das große Dorf Cordenons in der Nähe von Sclavons war auch ein Erbe der Markgrafen von Steyr, sowohl 1122 wie 1191, und die kleinen Weiler Noncello südlich davon hatte um 1020 der Graf Durdegoro des Mürztales, wohl ein Slave: Dieser gab ihn dem Grasen Ozi (Otakar), Stifter des Kärntner Klosters Ossiach, dann kam er an Kaiser Hein­rich III. und der schenkte ihn an Salzburg (1056). Zwischen beiden Orten wird der Noneellobach für flache Kähne schiffbar. Daher legte der Patriarch hier eine Stadt an, die er Hafen von Naone (Pordenone) nannte, baute eine Burg und vertraute sie einigen Lehensleuten an. Aber es kam zu Zwistigkeiten, Herzog Leopold VI. löste den Herren von Caporiaco und Castella ihre Lehensrechte ab und nahm Pordenone selbst vom Patriarchen als Lehen (um 1220). So ward die Stadt österreichisch, nachdem die Herzoge und Markgrafen schon lange vorher ringsum begütert waren. Sie war eine friedliche Insel mitten im stürmischen, kampfdurchtobten Friaul. Wir sind bis zur Livenza gekommen und machen Halt, bildet ja der Fluss die Westgrenze Friauls. Aber zweier Männer muss ich noch gedenken, die für das 13. Jahr­hundert das ritterliche Leben in diesem Lande ahnen lassen. Der eine ist der berühmte steirische Minnesänger Ullrich von Lichtenstein, der im Jahre 1227 als Frau Venus verkleidet von Venedig auszog und überall zu Ehren seiner Schönen ritterliche Zweikämpfe ausfocht. In Treviso tjostete er mit dem Obersteirer Liutsrid von Eppenstein, an der Piave mit Reinprecht von Mureck und Hermann von Plintenbach, einem Steirer und einem Krainer, zu Sacile mit dem Grafen von Görz, in San Odorico mit Ulrich von Spengenberg, in Gemona mit dem Burgherrn, in Chiusaforte mit dem von Lienz und in Törl mit dem Herzog von Kärnten. Bis Treviso saßen also alpenländische Adelige teils als als Besitzer, teils als Burggrafen ihrer Fürsten. Der andere ist der Aquilejer Domherr Thomasin von Zirclaere (Cerchiarchi), der im Jahre 1215 ein höfisches Lehrgedicht, den „Welschen Gast" mit mit fast 15.000 Versen schrieb.

"Deutsches Land, empfange Wohl, Wie's eine gute Hausfrau soll, Diesen deinen welschen Gast, Der der deine Ehre minnet fast."

„Fast" soviel wie fest. Ebenso in der Schilderung der Friauler Ritterschaft:

"Der eine minnet fast das Spiel, Der andere pflegt zu essen viel, Der dritte pflegt die Falken gerne, Der vierte liegt in der Taferne, Der fünfte jagt zu jeder Frist, Der sechste stets bei Weibern ist."

Der welsche Domherr von 1215 dichtete nicht bloß in deutscher Sprache, er fühlte sich auch als Deutscher. Und nicht anders war es mit der Ritterschaft, die er schildert mochten es Deutsche oder Romanen sein.